Erneuerbare Energien übernehmen zunehmend die Energieversorgung. Sie sind preiswert, doch noch günstiger ist die Energieeinsparung. Aber dieses Potential wird in Deutschland und weltweit zu wenig genutzt.
Bis 2020 will die Europäische Union für den Klimaschutz einiges tun. So sollen mindestens 20 Prozent der Energie aus Erneuerbaren Quellen kommen und 20 Prozent weniger Energie verbraucht werden. Doch während der Umbau auf Erneuerbare Energien dynamisch voranschreitet, droht das Ziel der Energieeinsparung in Europa und Deutschland zu scheitern. Nach Berechnungen der EU-Kommission wird der Energieverbrauch ohne zusätzliche Maßnahmen bis 2020 nur um zehn Prozent sinken.
Mit einem Euro bis zu fünf Euro sparen
Die Energie-Einsparung ist die kostengünstigste Lösung für Klimaschutz und Energiewende. Da sind sich Experten weltweit einig. Nach Berechnungen des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie lohnt es sich immer, Geld in effiziente Gebäudedämmung, Beleuchtung, Kühlung, Klimatisierung und Elektropumpen zu stecken.
"Diese Investitionen sind in der Regel sehr rentabel", sagt Stefan Thomas, Leiter der Forschungsgruppe Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik, gegenüber der Deutschen Welle. Die Mehrkosten, die für die Anschaffung eines effizienten Produktes anfallen, sind gut angelegt, weil bei der späteren Nutzung weniger Energie verbraucht wird. Vergleicht man diese Kosten, so der Physiker, dann werden mit der Investition von einem Euro in eine Maßnahme für Energie-Effizienz Einsparkosten zwischen zwei und fünf Euro erzielt.
Lohnende Investition: Das Kölner Haus (links) wurde energetisch saniert. 25.000 € kosteten die Maßnahmen für mehr Effizienz bei Wärmedämmung, Heizung, Lüftung und Licht. Der Energieverbrauch sank um über 60 Prozent. In den nächsten 20 Jahren werden nach DW-Berechnungen ca. 60.000 € weniger für Energie ausgegeben.
Energie-Effizienz schafft neue Jobs
EU-Umweltkommissarin Connie Hedegaard mahnt zum Handeln, um die Energiekosten in den Griff zu bekommen. Nach Angaben von Hedegaard betrugen 2011 allein die Kosten für Öl in Europa 315 Milliarden Euro, 40 Prozent mehr als im Vorjahr. "Warum senken wir nicht die Ölrechnung, steigern die Energieeffizienz, geben weniger Geld an die Saudis und investieren mehr in Europa? Der große Vorteil wäre, dass wir gerade jetzt dadurch Jobs schaffen würden", so die EU-Umweltkommissarin.
In einem Gutachten stellt der ehemalige Präsident des Wuppertaler Instituts, Peter Hennike, fest, dass durch eine konsequente Effizienzpolitik alleine in Deutschland mindestens eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen werden könnten und die deutsche Wirtschaft bis 2020 rund 50 Milliarden an Energiekosten sparen würde.
Bis zum Sommer will die Europäische Union nun mit einer Richtlinie für Energie-Effizienz mehr Bewegung in den Sektor bringen. EU-Kommission und EU-Parlament wollen die Mitgliedsländer verpflichten, jährlich 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr einzusparen. Die Fortschritte sollen alle zwei Jahre von der Kommission überprüft werden.
Dänemark ist Vorreiter in Europa
Stefan Thomas ist Energie-Experte am Wuppertal Institut. Nach seiner EInschätzung ist Dänemark führend in Europa. Seit über 15 Jahren setze das Land Maßnahmen zur Steigerung der Energie-Effizienz kontinuierlich um und würde nach bisherigen Prognosen als einziger EU-Staat die Sparziele bis 2020 erreichen. Per Gesetz sind die dänischen Energieversorger verpflichtet dafür zu sorgen, dass der Verbrauch jährlich um 1,25 Prozent sinkt. Die Kunden werden von den Energie-Unternehmen beraten und erhalten zum Beispiel Zuschüsse für den Kauf eines effizienten Kühlschranks oder für Wärmedämmung. Die entstehenden Kosten für Beratung und Zuschüsse werden auf den Energiepreis umgelegt. Doch da der Energieverbrauch sinkt, sparen alle Geld.
Effiziente Heizungspumpe im Einfamilienhaus. Gegenüber einer alten Pumpe verbraucht sie rund 90 Prozent weniger Energie. Sie ist rund 100 Euro teurer, spart aber zwischen 50 und 210 Euro an Stromkosten pro Jahr.
"Zuckerbrot und Peitsche"
In Deutschland wird das Potential zu mehr Energie-Einsparung nach Ansicht von Experten noch zu wenig und nicht kontinuierlich genug gefördert. Zwar wird jährlich rund ein Prozent aller Häuser energetisch saniert, doch um die vorgegebenen EU- Einsparziele zu erreichen, müsste die Sanierungsquote doppelt so hoch sein. Viele Experten fordern deshalb mehr Engagement von der Bundesregierung.
Energie-Experte Thomas beobachtet die verschiedenen Maßnahmen weltweit und weiß, was gut funktioniert: "Man braucht Zuckerbrot, Peitsche und Werbetrommel", fasst Thomas die Maßnahmen kurz zusammen. Zuckerbrot seien die Zuschüsse für Investitionen, damit die Verbraucher langfristig Energiekosten sparen. Die Peitsche seien die gesetzlichen Vorgaben und die Werbetrommel würde für Information und Verbraucheraufklärung gebraucht.
Japan spart mit Aufklärung 20 Prozent
Nach den Nuklearkatastrophen von Fukushima wurden in Japan fast alle Reaktoren abgeschaltet. Im März 2012 waren nur noch zwei von 54 Atomkraftwerken am Netz. Zu Stromausfällen kam es nicht. Möglich wurde dieses kollektive Experiment zur Einsparung von Strom durch eine großangelegte nationale Kampagne. Die Lampen in Büros und Haushalten wurden freiwillig häufiger ausgeschaltet, effizientere LED-Lampen wurden eingesetzt und die Räume weniger stark mit Klimageräten gekühlt. Im Schnitt wurden rund 20 Prozent des Stroms durch diese verhaltensbedingten Maßnahmen von Industrie, in Büros, Schulen und Haushalten eingespart.
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