Deutschland hat keine Bodenschätze - dieser Satz galt nur, bis die Rohstoffpreise weltweit explodierten. Jetzt sollen im Erzgebirge alte Rohstofflager neu erschlossen werden.
Mit großem Bohrgerät geht es auf die Suche nach Zinn am Gottesberg
Der Weg nach tief unten führt Geologe Jörg Reichert erst einmal eine steile Bergstraße hinauf. Sein weißer Geländewagen schlängelt sich kurvenreich von der 4.000-Einwohner-Gemeinde Muldenhammer hinauf auf den Gottesberg. Er parkt auf einem mit Gras bewachsenen Plateau. Von hier, 800 Meter über dem Meeresspiegel, schweift sein Blick über das mit Fichtenwäldern bewachsene Hügelland des Erzgebirges. Das Nachbarland Tschechien ist hier, vom sächsischen Erzgebirge aus, nur wenige Kilometer entfernt. Jörg Reichert läuft zu einem blauen Lastwagen, an dessen Front ein Bohrkopf sich leicht schräg in den Boden senkt. Der Geologe überwacht Probebohrungen, die einen mehrere hundert Meter tief im Boden versteckten Schatz aufspüren sollen.
Die am besten vermessene Schatzkammer der Welt
"Unter unseren Füßen lagern ungefähr 120.000 Tonnen Zinn", erklärt Geologe Reichert, der im Auftrag der Deutschen Rohstoff AG arbeitet. Das 2006 gegründete Unternehmen sucht weltweit nach Gold und Silber, in Deutschland nach Öl, Gas und im Erzgebirge vor allem nach Zinn. Bestätigen die Probebohrungen Reicherts Annahmen, dann hat er in dem rund elf Quadratmeter großen Areal am Gottesberg das größte, noch nicht erschlossene Zinnerzvorkommen der Welt gefunden. Bei einem aktuellen Preis von rund 18.000 Euro je Tonne winkt den späteren Bergbau-Investoren ein Milliarden-Euro schweres Geschäft.
Für Geologe Jörg Reichert ist die Zinnsuche im Erzgebirge ein Abenteuer
Noch allerdings ist das Zukunftsmusik. Rund um die Uhr gräbt sich der Bohrkopf am Tag zwanzig Meter tiefer in den Gottesberg. Auf der Suche nach Schichten des Zinnminerals Kassiterit, aus dem Zinn herausgelöst werden kann. Nach Abschluss der Probebohrungen sollen die aus bis zu 400 Meter Tiefe nach oben geholten Bohrkerne einen ganzen Lagerraum füllen. Vermessen, nummeriert und in Holzkisten sortiert gehen die Bodenproben dann zu Speziallabors nach Schweden. Dort wird der Zinnerz-Gehalt nach international anerkannten Methoden errechnet.
"Wir wollen mit den Bohrungen das zu DDR-Zeiten entwickelte Lagerstätten-Modell bestätigen", erklärt Reichert. Denn auch wenn der sozialistische Teil Deutschlands seine heimischen Rohstoffe so gut wie kein zweiter Staat erkundet und vermessen habe: heute würden nur die Lagerstätten tatsächlich erschlossen, die von unabhängigen Gutachtern beispielsweise mit dem australischen Standard JORC (Joint Ore Reserves Committee) zertifiziert worden seien, erklärt er weiter.
Seit dem 15. Jahrhundert wird im Erzgebirge Bergbau betrieben. Jetzt bewirbt sich die Region als UNESCO-Weltkulturerbe.
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