Die Kritik an dem deutschen Literaturnobelpreisträger Günter Grass nimmt an Schärfe zu. Sein Israel-kritisches Gedicht findet vereinzelt aber auch Zustimmung.
Die Debatte um den Text von Nobelpreisträger Günter Grass zur israelischen Politik reißt nicht ab. Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Manfred Kock, nahm Grass gegen den Vorwurf des Antisemitismus in Schutz. "Er ist kein Feind Israels, er ist auch kein Antisemit", sagte Kock dem Deutschlandfunk.
Die heftigen Reaktionen auf das umstrittene Israel-Gedicht des 84-jährigen Schriftstellers hingen auch damit zusammen, "dass" - so Kock - "wenn Israel kritisiert wird, in welcher Weise und von wem auch immer, meistens die Keule Antisemitismus geschwungen wird".
Hochhuth: ...ist ein Nazi geblieben
Der Schriftsteller Rolf Hochhuth dagegen sagte, er schäme sich für Grass. Dieser sei geblieben, was er freiwillig geworden sei, nämlich ein SS-Mann, der diese Zugehörigkeit zu den Nationalsozialisten dann 60 Jahre lang verschwiegen habe.
Im übrigen - so Hochhuth weiter - sei es eine anmaßende Albernheit, den Israelis verbieten zu wollen, ein U-Boot deutscher Produktion zu kaufen. Israel als kleiner Staat müsse für seine Sicherheit sorgen und dürfe nicht von einer Atommacht ausgerottet werden, sagte Hochhuth in Anspielung auf Irans Atompolitik.
Reich-Ranicki: Auch literarisch wertlos
Beißende Kritik übte der renommierte Literaturexperte Marcel Reich-Ranicki. Es handele sich bei der Grass-Veröffentlichung um ein ekelhaftes Gedicht. Es sei politisch wertlos und literarisch auch, urteilte Reich-Ranicki in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Grass hatte in seinem vor wenigen Tagen veröffentlichten und als "Gedicht" deklarierten Text: "Was gesagt werden muss" Israel vorgeworfen, den Weltfrieden zu gefährden, weil es - so der deutsche Schriftsteller - den Iran mit einem "Erstschlag" bedrohe.
Großes Lob für Grass aus dem Iran
Der Iran begrüßte unterdessen das Israel-kritische "Gedicht" des Literatur-Nobelpreis-Trägers geradezu überschwänglich. In einem von den Medien des Landes zitierten Brief an den - so wörtlich - "bedeutenden Schriftsteller" lobte Vize-Kulturminister Dschawad Schamakdari den 84-Jährigen, denn er habe mit seinem Gedicht "die Wahrheit gesagt".
Er hoffe, die Kritik werde "das eingeschlafene Gewissen des Westens aufwecken", so Schamakdari und er fügte hinzu: "Ich habe Ihr warnendes Gedicht gelesen, das auf so großartige Weise Ihre Menschlichkeit und Ihr Verantwortungsbewusstsein zum Ausdruck bringt".
haz/pg (dpa, epd)
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